Wieso ist die Transformation Ihres Hauptgeschäfts so wichtig?
Zusammenfassung
Nahezu alle Unternehmen haben verstanden, dass sie sich in Zeiten der Digitalisierung kontinuierlich weiterentwickeln und neu erfinden müssen, um zukünftig noch Relevanz im Markt zu besitzen. Wir nennen diesen Bedarf digitale Transformation. Einen organisatorischen Lösungsansatz haben bereits 2004 die Standford und Harvard Professoren O’Reilly und Tushman mit ihrem bekannten Modell der beidhändigen Organisation herausgearbeitet. Danach müssen Unternehmen 2 Dinge gleichzeitig adressieren:
- Exploitation: Ausschöpfung des bestehenden Kerngeschäfts, z.B. Weiterentwicklung und Effizienzsteigerung durch Digitalisierung
- Exploration: Erforschung innovativer Geschäftsmodelle, z.B. über die Disruption des Kerngeschäfts durch Einsatz neuer Technologien
Entscheidend hierbei ist, dass beide Aufgaben gänzlich andere Rahmenbedingungen und Voraussetzungen benötigen, um erfolgreich zu sein. Aus diesem Grund wird in der Umsetzung häufig eine starke Separation der Aktivitäten angestrebt. In der Praxis werden z.B. Innovation Labs gegründet, die vollkommen losgelöst vom Kerngeschäft Innovationen entwickeln, mit Startups kooperieren oder in diese investieren. Zeitgleich werden Digitaleinheiten ins Leben gerufen, die interne Prozesse digitalisieren oder die Kundenschnittstellen optimieren.
Für optimale Resultate: Das Beste von beiden Welten
“If managed effectively, a corporate startup has the resources of a large organization and the entrepreneurial momentum of a small one.”
Die wirklichen Vorteile, die etablierte Unternehmen ggü. Startups haben, sind ihre über Jahre aufgebauten Stärken, wie globale Reichweite, Kundenzugang, effiziente Serviceprozesse, Knowhow, IP oder Finanzkraft. Das schizophrene dabei ist, dass Unternehmen im Rahmen der Exploitation darum kämpfen, diese Stärken nicht zu verlieren, sie aber im Rahmen der Exploration und Innovation i.d.R. ungenutzt lassen. Dabei stellt eine Nutzung eben dieser Stärken, den wesentlichen, wenn nicht einzigen Wettbewerbsvorteil ggü. Startups dar – insbesondere in der Launch- und Skalierungsphase, wo diese einen Kickstart-Effekt haben können.
Aus o.g. Grund sind wir ein Verfechter des „best-of-both-worlds“-Ansatzes, der zwar beide Bereiche separiert, aber strategisch, organisatorisch und prozessual so miteinander verwebt, damit beide profitieren: das Corporate Startup erhält durch die digitale Transformation Zugang zu den Stärken des Kerngeschäfts und das Kerngeschäft einen Push für die eigene Transformation.
Die optimale, digitale Transformation durch Stärken-Kombination
Kommt es nicht zur Verflechtung des Corporate Startups und seiner Muttergesellschaft, führt dies häufig mit fortschreitendem Projektverlauf zum Scheitern von Innovationsinitiativen, da bestehende und neue Lösungen strategisch, technologisch oder auch organisatorisch nicht zusammenpassen. Insbesondere ist dies bei neuen Geschäftsmodellen zu beobachten, weil der Zugriff auf bestehende Ressourcen geplant war, aber nicht möglich ist, der Kundenzugang durch den bestehenden Vertrieb unterbunden wird oder existierende Produkte & Leistungen mangels Digitalisierungsfortschritt nicht genutzt werden können.
Enabler für eine Stärken-Kombination ist die oft nicht integriert stattfindende oder vernachlässigte organisatorische Veränderung, die an den Grundfesten des Unternehmens rütteln muss. Dies beginnt mit einer Veränderung der bestehenden Entscheidungslogiken & Führungsmechanismen im Unternehmen (Autonomie, Geschwindigkeit, Risikofreudigkeit, usw.), reicht über neue, auf Stärken-Stärken-Kombination ausgerichtete Incentivierungsmodelle (Fokus auf Kooperation, Innovation, etc.), bis zur Etablierung agiler Strategieentwicklung und -umsetzung (kundenzentrierte Perspektive, iteratives Vorgehen, kontinuierliche Adaption und Lernen, etc.)
Der Digitalisierungsgrad als Erfolgsgeheimnis
Ein hoher Transformationsgrad des Kerngeschäfts ist erforderlich, um die Wettbewerbsvorteile etablierter Unternehmen im Rahmen von Innovationsprojekten ausspielen zu können. Hängt ein Unternehmen hingegen im organisatorischen Change hinterher, so wird das Innovationsteam keinen Zugang zu den Stärken erhalten und stattdessen blockiert und gebremst, statt beschleunigt werden.
Ist daneben auch der Digitalisierungsgrad des Kerngeschäfts nicht hinreichend fortgeschritten, werden essentielle Prozesse oder Produkte nicht digital bereitstehen und nicht an die Innovation angebunden bzw. durch sie genutzt werden können. Im Fall eines so resultierenden geringen Transformationsgrades ist für die Innovation ein stark separierter Umsetzungsansatz empfehlenswert, allerdings leider ohne jeglichen Vorteil ggü. Startups am Markt. Daher gilt: Es ist weniger der Innovationsgrad des neuen Business, als der Transformationsgrad des Kerngeschäfts, der den Erfolg von Corporate Startups bestimmt.
Der Transformationsgrad des Kerngeschäftes als enabler
Der Zugang zu den Stärken des Kerngeschäfts ist nur bei hinreichendem Transformationsgrad möglich: Das Kerngeschäft besitzt eine hohe…
- Digitale Reife: ein ausreichender Digitalisierungsgrad und digitale Fähigkeiten müssen gegeben sein, damit bestehende Produkte, Prozesse und Ressourcen überhaupt durch die Innovation genutzt bzw. angebunden werden können
- Organisatorische Reife: eine ausreichende organisatorische Reife bzw. Bereitschaft muss gegeben sein, damit bestehende Einheiten und Entscheidungsträger die Nutzung bzw. schnellen Zugang ermöglichen und forcieren
- Sind weder die organisatorische Reife noch die digitalen Fähigkeiten vorhanden, so empfiehlt sich der Fokus eher auf geschäftsmodellunabhängige Assets, wie z.B. finanzieller Support des Neugeschäfts.
Der Innovationsgrad bestimmt die Anforderungen
- Wie stark die Innovation die Stärken des Corporates hebeln kann, hängt vom Innovationsgrad des neuen Geschäftsmodells ab, woraus Anforderungen an das Kerngeschäft resultieren: Innovation nutzt…
- bestehende Produkte/Ressourcen und adressiert neue Märkte/Kunden: Hoher Digitaler Reifegrad des Kerngeschäfts erforderlich
- neue Produkte/Ressourcen und adressiert bestehende Märkte/Kunden: Hoher organisatorischer Reifegrad des Kerngeschäfts erforderlich
- bestehende Produkte/Ressourcen und adressiert bestehende Märkte/ Kunden: hoher Organisatorischer und Digitaler Reifegrad erforderlich
- neue Produkte/Ressourcen und adressiert neue Märkte/Kunden: Kaum Stärkennutzung möglich, Fokus auf finanziellen Support, um schneller zu sein als der Wettbewerb
Die Abhängigkeit zwischen Transformationsgrad und Innovationserfolg von Corporate Startups darf jedoch bei geringem Transformationsgrad nicht zu einer Innovationszurückhaltung führen. Geschieht dies, so verliert das Unternehmen in Zeiten, in denen kontinuierliche Innovation erfolgskritisch ist, den Anschluss ggü. Wettbewerbern. Die Wettbewerbsvorteile von Corporates ggü. Startups sind dann vorerst auf Knowhow und finanzielle Investments zu reduzieren, aber auch diese muss ein Startup erst einmal akquirieren. Welche Methoden und Möglichkeiten dazu bestehen, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag Business Model OKR (Objectives & Key Results) & Canvas.